Die neuen Ressource: Ungewissheit

16. November 2011

Dass Ungewissheit zur Gewissheit geworden ist, braucht nicht mehr begründet werden. Zu mindest gilt das für alle sozialen Systeme die sich nicht ungestraft von den Umweltturbulenzen entkoppeln und in stillen, stabilen Nischen überleben können. Also für alle Profit – und Nonprofitorganisationen, incl. der Kirchen. Wenn auch der Werbeslogan „anything goes“ beruhigen und die große Freiheit suggerieren sollte, führt er die beunruhigende Botschaft mit „auf nix ist mehr Verlass“.
Was heißt das für Management und Führung, die doch für Verlässlichkeit stehen und sorgen sollten?
Wir werden uns in diesem „Gedanken“ und in den folgenden dazu einige Gedanken machen (außer es fällt uns dazu nichts mehr ein – Sie wissen: „Nix is fix“)
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Dass Ungewissheit so überraschend auf uns hereingebrochen scheint, erinnert auf das jährliche Erstaunen, wie sich der erste Schneefall auf den Straßenverkehr auswirkt. Umwelt, Gesellschaft, Natur, Politik, Wissenschaft,…hat uns, bzw. Organisationen immer schon mit Überraschenden, Unvorhersehbaren konfrontiert – aber es war möglich davon abzusehen und sein Ding weiter zu machen, ohne in die Katastrophe zu schlittern. Kurz, Organisationen waren stabil, sie haben sich recht unbeeindruckt vom Außen ihre Binnenlogik erhalten. Soziologen sagen dazu Organisationen sind operativ geschlossen, sie halten ihre Muster aufrecht und das Außen wird nach diesem Muster so verarbeitet, dass es nur geringe Anpassungen braucht, um sich in der eigenen Identität zu erhalten. Um dieses „Außen“ so passend zu erhalten, dass es zu keinen größeren Beunruhigen im Innen kommt, wurden und werden sehr elaborierte Instrumente des Controlling, des Fore Cast, der strategischen Planung – siehe die Portfolioanalysen, die sogar eine Vielzahl von Parametern auf den einen Punkt in der berühmten Matrix hin rechnen. Wie schnell die „Außenwirklichkeit“ die inneren Annahmen und Konstrukte über Marktattraktivität und Wettbewerbsposition außer Kraft setzt, ist den meisten geläufig, die Geschwindigkeit der letzten Jahre hat aber rasant zugenommen, sodass der Versuch sich Gewissheit zu verschaffen zum eigentlichen Risikofaktor wurde.
Wie kann aber die Umdrehung – wir machen die Ungewissheit zur Ressource – zu Entscheidungssicherheit führen?

Methodisch müssen hier Manager, Berater, Wissenschaftler tatsächlich neues entwickeln. Aber es ändern sich sofort die Beobachtungen, die Einschätzungen und Abwägungen, wenn man auf Ungewissheit umschaltet. Man beobachtet die Gegenwart, das Sichtbare der Situationen und die darin versteckten Potentiale genauer und verlässt sich nicht auf Annahmen über die Zukunft, die man weder kontrollieren, noch wirklich wissen kann, ob sie eintreffen. Man trifft keine – Risikopotenziale missachtende – Entscheidungen, sondern geht „Step by Step“ vor und das ist der Clou, man entwickelt Produkte, Dienstleistungen und Wege aus den vorhandenen Kompetenzen und eigenen Vorstellungen, dem eigenen Wollen. Man läuft nicht der Zukunft hinterher, die sich ja mit jedem Schritt immer wieder zurückzieht, sondern kreiert das Neue in der Gegenwart mit dem Fokus:

>was wollen wir er – schaffen<

Die Gefahr, dass dieses Neue ein Flop werden könnte ist nicht größer, als das Operieren mit Planzahlen, wo niemand wissen kann, ob sie so eintreten. Man kann mit „erwartungszahlen“ operieren, um Abweichungen in den Blick zu bekommen, um die jeweils aktuelle Gegenwart besser beobachten zu können.
Für später:
Zwei klassische Tricks, um als Manager der Ungewissheit zu entfliehen: sich im operativen Detail bewegen, sich in die Routinen der Abläufe einmischen, sich als inhaltlicher Experte für das Fachgebiet inszenieren und den strategischen Prozess an Stäbe und Berater delegieren und sich nur mehr fertige „Vorlagen“ vorlegen lassen, die zusätzlich
von den Expertenteams auch noch bewertet werden müssen („wir würden Alternative C empfehlen, weil…).
Man wird als Manger zum Risikopiloten, wenn man nur mehr mit Sicherheit steuern will…