Das ernste Spiel – der spielerische Ernst mit Paradoxien

7. Februar 2012

Wir haben vor kurzem ein renommiertes Unternehmen befragt, worauf sie stolz sind, was ihre besondere Qualität ausmacht und wodurch sie vor allem Sicherheit gewinnen. Ihre stets wiederkehrende Antwort: „unsere  großen Unterschiede, unterschiedliche Erfahrungen und Hintergründe, Kompetenzen, Orientierungen, Eigenschaften“.  
In dieser Unerschütterlichkeit entdeckt der außenstehende Beobachter das Ergebnis eines kreativen – wahrscheinlich unbewussten –  Paradoxien-Managements. Die zu den Begriffen Sicherheit und Ungleichheit gehörenden Unterscheidungen – um diese Begriffe überhaut genauer fassen zu können – die Unsicherheit und Gleichheit,  wird in der Eigenwahrnehmung „unsichtbar gemacht“  (Soziologen nennen das „Invisibilisieren“ und meinen, dass dies eine wichtige Kompetenz im Umgang mit den täglichen Paradoxien sei).
Ein anderes Unternehmen würde z.B. sagen, wir gewinnen unsere Sicherheit aus unserer Ähnlichkeit und achten bei der Einstellung Neuer – um sich ja nicht der Unsicherheit aussetzten zu müssen – ob diese „passgenau“ sind, den richtigen „Stallgeruch“ haben. Während obiges Unternehmen stets auf neue Duftmarken achtet. Ihre Überzeugung hilft ihnen die Sprengkraft, die Fliehkräfte, die in den Unterschieden, die in der Ungleichheit schlummern, unter der Decke zu halten.
Die Tricks oder die Prinzipien mit denen sie operieren, um den Zusammenhalt nicht zu gefährden (ohne dass diese Gefahr gesehen und benannt werden muss), heißt dort: >Leichtigkeit<  und >Vertrauen< („ wir wissen, die jeweils anderen handeln klug und kreativ, wozu sich in einander verbeißen, letztlich kann man die meisten Entscheidungen „durchwinken“)    
Was sie aber nicht durchwinken können oder besser nicht sollten, wenn durch „gewichtige“ Situationen die andere Seite der Medaille sichtbar wird, wenn der Unterschied (bei einer Entscheidung eines einzelnen) Unsicherheit hervorruft und diese Unsicherheit nicht mit Leichtigkeit aufgelöst  werden kann, wenn das gut „invisibilisierte“ nun für alle sichtbar auf dem Tisch liegt. Jetzt muss sich das Paradoxie-Management  wirklich bewähren, Vertrauen genützt, das Verhältnis von Gleichheit – Ungleichheit neu definiert und überprüft werden: wie viel Sicherheit brauchen wir, wie viel Unsicherheit muten wir einander zu? Das könnte die Stunde von Beratung – systemischer Beratung, versteht sich – sein.
Denn die „Neusortierung dieser Paradoxien“ erfordert Distanz, Ablenkung wenn man sich verheddert, Impulse für neue Formen und Ideen.