Das neue (Wunder-) Versprechen – Resilienz …

22. April 2012

Es ist schon verständlich zu fragen, wie schaffen es Unternehmen, trotz aller Turbulenzen und Markteinbrüchen erfolgreich zu bleiben. Es ist nachvollziehbar nach neuen, markanten Begriffen dafür zu suchen, da „Widerstandsfähigkeit“ anscheinend zu sehr an jene Widerstände erinnert, die jeden Changeprozess begleiten.  Interessant ist nur, dass Organisationsforscher und Berater sich einen Begriff aus der Psychologie, bzw. aus der Pädagogik und Gesundheitswissenschaft leihen, als wären die Anforderungen an Personen und Organisationen ähnlich zu behandeln.
Der Transfer, praktikable  Lösungsansätze brauchen dann doch die unmittelbaren Erkenntnisse der Organisationsforschung. Und plötzlich entdeckt man wieder Karl E. Weick, der bereits  2001(!!) mit Frau Kathleen M.  Sutcliff, auf Basis von Studien über sgn. „High Reliability Organizations“  die Voraussetzungen für den nachhaltigen Erfolg von Unternehmen herausgearbeitet hat, die sich auf permanente Überraschungen einstellen müssen. Beiden haben in ihrem Buch „Managing the Unexpected“ (deutsch bei Klett Cotta 2003 „Das Unerwartete managen“), den Begriff >Achtsamkeit<  in die Betriebswirtschaftslehre und Managementkonzepte eingeführt.
Ärgerlich, wenn nun im „Standard“ vom 21./22. April 2012 K26 unter dem Titel „Achtsamkeit als großer Hebel“ (für Resilienz) die Erkenntnisse von Weick und Sutcliff ohne Quellenhinweise so dargestellt wurden, als hätte es der WU-Professor Helmut Kasper „erfunden“. Ob Herr Prof. Kasper  auf der Tagung  – auf die sich dieser Artikel bezog – die Quelle zitiert hat, entzieht sich meiner Kenntnis.
Inhaltlich müssen aber die zitierten  fünf Prinzipien für die resilienten (warum nicht schlicht,  zukunftsfähigen ) Organisationen um ein wesentliches erweitert bzw. das erste Prinzip modifiziert werden, vor allem, wenn es verkürzt kommuniziert wird.
Es lautet: „Sie richten ihre Aufmerksamkeit auf ihre Fehler, nicht auf ihre Erfolge“.
Würde ein Management dieser Empfehlung wirklich so folgen, würde es das Gegenteil von Resilienz bewirken. Es geht vielmehr um die Verknüpfung von zwei  Aufmerksamkeitsperspektiven:
„wie kommt es, dass wir Fehler machen und wie können wir sie vermeiden –  und was machen wir genau, wenn wir erfolgreich sind?“.  
Beides braucht  die aufmerksame, staunende  Beobachtung und die Entwicklung von Erkenntnissen. Gerade Erfolge machen „blind“ für die selbstgeschaffenen Voraussetzungen und Handlungsabläufen. Sie scheinen sich in den Entscheidungsprozessen und Routinen zu verstecken.  Wenn man weiß, worauf Erfolge fußen, kann man diese Kompetenzen pflegen und weiterentwickeln, um bei schwierigen Situationen zu wissen, worauf können wir –recht entspannt – zurückgreifen, was müssen wir nicht neu erfinden.