Am schönen Herbst kann es nicht liegen….

9. Oktober 2012

„Bindung an den Arbeitgeber nimmt deutlich ab“, „Mein Feind der Chef“, „Die Führungskultur liegt im Argen“, „Abschied von alten Mustern“, ,,Was sind die Bezugspunkte für bessere Vorgesetzte“, „Führung hat nur dann Sinn, wenn sie ihre Verantwortung darin sieht die Intelligenz der Masse und das Potenzial des Einzelnen durch Kooperation und Koordination zur Entfaltung zu bringen – aber wo geschieht das?“ –
Das sind nur einige wenige Zitate der letzten zwei Wochen aus deutschen und österreichischen Medien.
Wenn dieser kurze Ausschnitt die Wirklichkeit in den Organisationen der Wirtschaft, der Krankenhäuser, Sozialeinrichtungen, der Kirchen, usw. beschreibt, dann kann man a) nur staunen, wie robust die meisten Organisationen wohl sein müssen und welche Wirksamkeit Selbstorganisation und Selbstmotivation haben; b) sich fragen, was sagt das über uns Trainer, Berater, Coach, Autoren, die sich um wirksame Führungsbeziehungen bemühen? c) in Resignation verfallen; d) beim dzt. beliebten Management-Bushing mitmachen oder e) anregen zu überlegen, ob nicht eine spezifische Form der Beobachtung (z.B. bestimmte Fragen ) und „klassische Erklärungsmuster“ die obigen Probleme erst erzeugen, oder zumindest nur bedingt zur Lösung beitragen. Der Fokus ist die Führungskraft und deren Beitrag oder Versagen, aus der Perspektive der Führungskraft werden wahrscheinlich andere Ursachen identifiziert, die nicht flexiblen Mitarbeiter, der Druck der Shareholder und der Widerstand des Betriebsrates, der unberechenbare Markt, die unverschämte Konkurrenz (man sieht, das Management kann mehr Problemquellen für seine Schwierigkeiten heranziehen). Beiden Perspektiven ist aber eines gemeinsam: man ist auf der Suche nach der Kausalität, der Ursache, die die unerwünschten Wirkungen hervorruft.
Das führt zu einem Anklage-, Verteidigungs–, Gegenanklagekreislauf. (Vielleicht manchmal zur Selbstanklage) Und diese führen meist in eine Sackgasse.
Dabei könnte man – um Lösungswege zu eröffnen – sich nur drei neue Denkgewohnheiten einüben:
• Jede Beschreibung und Bewertung entspringt der Perspektive eines Beobachters, einer Beobachterin. (Was für den Einen eine inspirierende Führung ist, ist für den anderen druckvoll oder chaotisch; ist die Abnahme der Bindung an den Arbeitgeber ein Problem oder eine Lösung?)
• In sozialen Bezügen und Prozessen (und das sind nun mal Organisationen) gelten Kreislaufprozesse, Kybernetische Abläufe und nicht die linearen Ursache-Wirkungsgesetze (auch wenn man, aus Gründen der Vereinfachung und Verantwortungszuschreibung Täter-Opferkonstellationen bevorzugt). Alles was in Organisationen zu beobachten (und zu beschweren) ist, hat man gemeinsam hergestellt. Das gilt besonders für die Unternehmenskultur („Das Tun des Einen, ist das Tun des Anderen“ ein sehr erhellendes kleines Buch von Helm Stierlin). Dieses „Gesetz“ nimmt Führung nicht aus der Verantwortung, es nimmt nur alle Beteiligten und den Kontext des Geschehens mit herein.
• Organisationen sind „Paradoxie-Bewältigungsmaschinen“, was nichts anderes sagt, als dass es keine Widerspruchsfreiheit gibt. Erst am benannten und kommunizierten Widerspruch kann geklärt werden, wie wir die Verhältnisse haben wollen. Und die Widersprüche haben zweifelfrei enorm zugenommen.
Und praktisch könnte das heißen: auch Manager können nur von ihrer Perspektive ausgehen und nicht von der Wahrheit. Wenn einer im Besitze dieser wäre, dann bräuchte es keine Entscheidungen und kein Abwägen, kein Fragen, keine Kommunikation, sondern nur Verkündigung. Würde das öfter vorkommen, dann würde man den Beginn dieser Seite verstehen können.