Es geht nicht ohne Tschentschn – in Change-Prozessen
8. November 2015
„Nach wie vor – und doch anders. Leadership in der Organisation N.N.“- Auszug aus dem kommenden Buch –
Blog der dritte
„Tschentschn“ ist nicht die österreichische Ververbung von Change. „Tschantschar“ ist vielmehr das rätoromanische Wort für „Sprechen“ und Kärntner formten aus dieser Vorlage das ausgesprochen lautmalerische „Tschentschn“ für quengeln, meckern, motzen und raunzen.
Wer Change managen will, wird mit Tschentschn leben müssen. (…)
Kärnten liegt zu beträchtlichen Teilen über der Baumgrenze, also scheint es nur schlüssig, dass der Tschentsch den mit ihm konfrontierten Change-Managern das Antlitz einer heimtückischen alpinen Naturgefahr präsentiert. Tschentschn ist eine Lawine.
Es beginnt stets außer Hörweite der Entscheidungsträgerebene, und es sind die mehr oder weniger leisen, diskreten Bemerkungen an der Kopierstation, in der Teeküche oder am Kantinentisch, die buchstäblich den Stein ins Rollen bringen.
Unbemerkt und deshalb ungebremst pflanzt sich das Tschentschn fort und schwillt dabei lawinenartig an. In der Frühphase hätte man es relativ unaufwendig kanalisieren, umleiten und seines Schwunges berauben können.
Aber das Management war taub – oder hat sich zumindest so gestellt.
Jetzt rollt die Welle der Irritationen, Gerüchte, Übertreibungen, Falschmeldungen, Halbwahrheiten und immer bizarreren Verschwörungsideen – höchst unwillkommen und erfolgsschädlich in jener heiklen Phase, die jeder Changeprozess durchlaufen muss – der Zeit der Konfusion.
Konfusion kann nicht vermieden werden, sondern muss als eine naturgegebene – oder eigentlich sozialgegebene – Prozessphase wahr- und in die Steuerung der Veränderung aufgenommen werden. Die Sicherheit des „Alten“ ist weg, viel zu selten wird es konstruktiv verabschiedet und sozusagen rituell zu Grabe getragen.
Das Versprechen des Neuen ist, wenn überhaupt, nur auf Powerpointfolien zu besichtigen, und das in der Regel nur für einen engen Zirkel von Geheimnisträgern. (…)Die Gerüchteküche brodelt.
Wie könnte man die „Tschentsch“-Lawinen durch konstruktive Dialoge und kritische Diskurse zu ersetzen?
Machen Sie sich befragbar. Wirklich befragbar zu werden fordert Ihnen sehr viel mehr ab als nur die Höflichkeitsfloskel „Welche Fragen haben Sie noch?“, die am Ende von Befehlsausgaben offene Kommunikation eher behindert als ermöglicht. Es führt zur Wahl passender Kommunikationsformate und Prozesse für die jeweilige Situation, von der telefonischen Hotline über Frage/Antwort-Foren im Intranet bis zu Diskussionskreisen mit Führungskräften. Alles, was einen klärenden Diskurs ermöglicht, eröffnet und trägt, ist legitim. Die dafür investierte Zeit verzinst sich durch mehr Qualität und Tempo des Veränderungsprozesses in erfreulicher Weise.
Es gibt aber auch den „ganz anderen Weg“: die Organisation auf permanente Erneuerung beziehungsweise auf eine gesteuerte Evolution einzustellen – auf das Wesen der OrganisationN.N (steht für Nomen Nominandum – dazu mehr im nächsten Blog). Eine Organisation, die sich im permanenten Wandel bewegt wie der Fisch im Wasser, durch keine überflüssigen Festschreibungen daran gehindert, täglich die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, globalen Entwicklungen kreativ und evolutionär durch kleine, fließende Veränderungen und Anpassungen in Team, Führung und Strategie zu beantworten.
Mehr dazu im März 2106