Besser unterscheiden, statt vermischen – ein kleiner Tipp für Komplexitätsmanagement
27. Juni 2016
In jedem guten Kommunikationsseminar lernt man zwischen Wahrnehmen, Beobachten, Bewerten, Schlüsse ziehen, zu unterscheiden. Im Alltag geht das alles immer irgendwie „‘zamm“ – und wird damit zur Quelle von Unklarheiten und Missverständnissen. Wenn ich (als Berater) mit der Frage: „wie soll ich mit so einem schwierigen und dazu noch schlampigen Mitarbeiter zurechtkommen“ konfrontiert werde, antworte ich meist mit der (quälenden, aber unvermeidbaren) Gegenfrage: „woran merken Sie, dass der Mitarbeiter schlampig ist und wie würde er sich verhalten, dass Sie ihn als unschwierig bewerten würden?“ Vorbei mit der einfachen Hilfe.
Es geht um mehr, als um eine Berater- oder Trainerattitüde.
Mit der Einführung und dem Nutzen dieser Unterscheidungen wird Kommunikation und Problemlösung nicht verkompliziert, sondern im Gegenteil Komplexität reduziert.
Wie das?
Bleibt man bei der (nur scheinbar, vereinfachenden) Vermischung von Beobachten (welche Ereignisse und Verhalten kann man als Beobachter wahrnehmen, sehen, hören!) und Bewerten (inklusive Unterstellung von Motivlagen – die ja nicht nur Analytiker meinen, sehen zu können!), bleiben einem selbst und den anderen sowieso, die dahinterliegenden Annahmen, Einschätzungen, Verknüpfungen verborgen. Diese führen dann „hinter den Kulissen“ ihr Eigenleben und erhöhen die Komplexität unsichtbar und damit unsteuerbar. Und welcher Leader will das?
Es kann sich also auszahlen, die einfache Differenz von Beobachten / Bewerten in die Alltagskommunikation – zumindest im Führungskontext – einzuführen. Dann kann jene Fakten-Klarheit entstehen, die wirksame Führungsinterventionen erst möglich macht (ganz praktisch, ganz ohne Psychologie).
Wie sich im obigen (vielleicht zu banalen) Fall rasch zeigte, waren die Eigenschaften „schlampig und schwierig“ vor allem von zwei Situationen genährt: in einer Konzeptpräsentation (die sonst den inhaltlichen Erwartungen entsprach) wechselten in den Powerpointfolien öfter Formatierungen und Schriftgröße (ohne Bezug zum Inhalt), der darauf angesprochene Mitarbeiter quittierte diese Hinweise mit: „da investiere ich mein Wochenende und als Anerkennung bekomme ich diese kleinliche Kritik“. Dass für die Führungskraft Ästhetik und Form ein wichtiger Indikator für ernsthafte Ergebnisse war, kam erst später zur Sprache und änderte den Präsentationsstil des Mitarbeiters. So einfach kann es auch bei komplexeren Themen gehen.